Westfalenpost (Balve), 04.10.2000

Phänomenale Klänge in der Höhle

Gospelkonzert (...) begeisterte die zahlreichen Zuhörer

Ruhm, Ehre und Preis - glory and honour and praise - solch phänomenale Klänge erfüllten am Freitag den "Felsendom".
In diesen außergewöhnlichen Konzertraum hatte der Männerchor 1874 Balve seine Akteure und Gäste geladen. Mit zwei religiösen Liedern „Jakobs Ladder“ und „Immer wenn den Geist ich spüre“" eröffnete der Gastgeberchor die festliche Veranstaltung. Die Dirigentin Elisabeth Alfes-Blömer führte den Chor präzise und energisch durch schwierige Literatur zu einem weiteren Erfolg.
Der Mädchen- und Frauenchor Emsdetten unter der Leitung von Jürgen Etzrodt begann mit Spirituals, den Songs der schwarzen Sklaven, die in ihren Texten von Hoffnungslosigkeit und Elend erzählen und Gott bitten „Carry me home“. Im „Swing Low“ soll Gott den Wagen des Elias schicken,. um sie mit Engeln in die Freiheit zu führen. Der zündende Funke erreichte das Publikum besonders mit den swingenden Rhythmen des Gospelkanons.
Der Quartett-Verein Hünsborn, ein Chor aus 12 Solisten („Räuber“), sang Lieder von Melancholie und Tiefgläubigkeit. Leiter Kunibert Koch zeichnete verantwortlich für Dirigat, Satzbearbeitung und Klavierbegleitung. Die a-capella-Sätze waren angelehnt an den afro-amerikanischen Musikstil (zum Beispiel Ruf-Antwort-Schema) und stellten hohe Anforderungen an die Gesangsolisten.
Die Band der joyful voices aus Moers, bestehend aus Saxophon, Gitarre, E-Bass, Klavier, Keyboard und Schlagzeug, gab instrumental den „new sound“ an.
Es folgten Gospels mit den typischen Elementen dieser Musikgattung: mal traurige Stimmung, mal jubelnder Überschwang, solistische Gesangs- und Instrumentaleinlagen, synkopisierende Rhythmen, „dirty-Ansätze“ bei den Tönen und kräftiger Grundschlag (Beat) oft durch Bass und „handclapping“.
Schon von Beginn an musizierten Chor und Instrumentalisten auf höchstem Niveau, besonders die improvisatorischen Einlagen des Saxophons ließen bei soviel Virtuösität oft den Atem anhalten. In dem Song „Take the long way home“ stand die Mundharmonika für die Elemente des Country-Rock. Welthits aus den Musicals „Grease“ („Lighting“) und „Cats“ („Memory“) sprachen nicht nur die jüngeren Zuhörer an: Diese Melodien kannte jeder. Songs der bekannten Gruppen und Interpreten wie Genesis, Beach Boys, U2 und John Lennon ließen Evergreens ins Programm einfließen. Hier traten zahlreiche Vokalsolisten in Erscheinung, unterschiedlich in Stimmung, Ausdruck und Farbigkeit, alle umwerfend gut und mitreißend.
Das alte Ruf-Antwort-Schema der „slave songs“ praktizierten die Interpreten stilgerecht, musikalisch und dynamisch. Leichtigkeit und Lockerheit ließen nie an die sicher anstrengende Probenarbeit denken. Der Abend klang aus mit weiteren Gospels (Herkunft: God spell - Gott spricht): eine Einheit aus Gebet, Gesang und Bewegung. Elemente aus Jazz und Rock, die damals von der amerikanischen Öffentlichkeit als anstößig und unmoralisch abgelehnt wurden (enorme Lautstärke, Schreien) und Ausdruck des neuen rebellischen Lebensgefühls der Jugend waren, setzten Energie, Kraft und Motivation zum Mittun frei und ließen die Zuhörer mitklatschen und mitschnipsen.
Immer noch waren Steigerungen der „wonderful joices“ möglich. Rhythmus und Bewegung der Gruppe steckten alle an: Man stand und swingte. Der dem Chor verbundene Osloer Komponist T. W. Aas schuf meditative Texte mit. sphärischen Klängen wie „Kyrie“, „Heaven“ und „In this house“.
Die expressiven Gesänge voller Energie und Jubel mündeten schließlich ins „Amen“. Akteure und Besucher verschmolzen zu einem Klangkörper, deuteten Hunger auf noch mehr an und forderten Zugaben: Friedvoll und inbrünstig endete der schöne Abend im „Shine your light“.
Ein großer Dank an den engagierten Leiter Ernst Ickler, der einen enormen Anteil an diesem unvergesslichen Abend hatte: ein Konzert der Superlative.